My ever present past?

Spoiler: Die Vergangenheit ist vergangen. 

Ich bin die meiste Zeit meines Lebens durch die Dunkelheit gegangen. Immer auf der Suche nach einem Licht oder Ankerpunkt. Beides habe ich immer in anderen Menschen gesucht, weil ich dachte, dass ich mir Halt und Schutz nicht selber geben kann. Ich habe nicht erkannt, dass meine Familie mir diesen Schutz nicht geben konnte und wollte. Im Gegenteil. Aber ich war ein Kind, ich habe vertraut, gewartet und gehofft. Und war am Ende doch immer allein.

Dieses Alleinsein hat mich einsam gemacht. Die Einsamkeit hat sich wie eine dunkle Wolke in mich geschlichen und wurde von Jahr zu Jahr größer. Sie nahm mir mein Licht, mein inneres Strahlen. Wo kein Licht, da keine Wärme.

Dachte ich.

Die Wärme war immer da, weil ich immer lieben und vertrauen konnte. Ich konnte mir selbst immer vertrauen, auch wenn ich mir oft nicht selbst glauben wollte.
Und ich habe es immer geschafft, mein Vertrauen in andere zu setzen. Auch nach Enttäuschungen. Ich glaube zu sehr an das Gute und die Liebe, als dass Rückschläge mein Vertrauen zerstören könnten. 

Vieles hat sich verändert. Ich habe mich verändert, ich kann es jeden Tag ganz deutlich spüren. Mein Denken, meine Gefühle, meine Liebe und mein Vertrauen haben sich verändert. Dort, wo lange Dunkelheit war, ist es jetzt heller. Ich beginne, mich selbst zu verstehen. 

Meine neues Gefühl für die Liebe öffnet Türen und beginnt, mein Leben zu verändern. Auf einmal ist die Liebe greifbarer und sichtbarer, als sie es jemals in meinem Leben war, weil sie immer da und niemals weg ist.

Mein inneres Kind ist ruhiger geworden. Es weint viel weniger, weil ich es endlich in den Arm nehmen kann. Ich kann ihm die Dinge erklären, damit es sich beruhigt und keine Angst mehr haben muss. Ich bin da. Ich schenke mir die Liebe, nach der ich mich immer gesehnt habe. Ich nehme mich so an, wie ich bin. Denn ich bin gut und voller Licht. Ich lasse mir von niemandem mehr die eigene Meinung auf meinen Charakter übertragen. Magst du nicht wie ich bin, dann ist das allein dein Problem, nicht meins. 

So oft wurde mir in meinem Leben eingeredet, wie ich angeblich wäre. Ich habe dabei immer eine krasse Diskrepanz zwischen dem, was mir gesagt wurde und meinem eigenen Empfinden gespürt. Trotzdem habe ich mich beeinflussen lassen, habe einzelnen Menschen mehr Raum gelassen als mir selbst und dabei immer wieder an mir selbst gezweifelt. Das ist die dunkle Seite des Vertrauens: wenn man den falschen Menschen vertraut, nützt auch die eigene Stärke nichts. 

Ich glaube nicht daran, dass man schlechte Menschen in seinem Leben trifft, sondern dass man eigentlich immer auf den richtigen Menschen trifft. Nichts ist wirklich zufällig, alles ist Schicksal. Wir treffen auf jemanden, der uns erhellt und weiterbringt oder auf jemanden, der uns aufzeigt, woran wir zu arbeiten haben. In jedem Fall ist jede einzelne Begegnung eine Bereicherung in unserem Leben, auch wenn sie erst einmal Schmerz und Tränen mit sich bringt. Denn auch diese Begegnung führt uns zu uns selbst und beim nächsten Mal wissen wir möglicherweise besser, was wir zulassen wollen und was nicht. 

„Schlechte“ Begegnungen in meinem Leben haben mich zu mir geführt. Ich weiß genau, was ich will und was nicht. Und wen ich in meinem Leben haben möchte und wen nicht. Meine Tür ist immer offen, komm rein und nimm mich an, so wie ich bin. Oder geh, wenn du nicht das bekommst, was du erwartest. Aber steh nicht auf der Schwelle herum, wenn du nicht weißt, was du willst oder mich zu jemandem machen möchtest, der ich nicht bin. Denn du blockierst damit nur den Eingang.

In einer Situationen wie meiner zur Zeit zeigt sich das sehr deutlich. Mein Leben besteht derzeit aus so viel Anstrengung, ich habe für den Bullshit anderer einfach keine Kraft. Ich kämpfe um nichts weniger als mein Leben. Mal wieder. Diesen Kampf muss ich ganz alleine austragen. Niemand kann mir meine körperlichen Beschwerden abnehmen. Die Schmerzen, die Übelkeit, die Krämpfe und die grenzenlose Erschöpfung spüre nur ich. Die Chemotherapie verlangt mir mehr ab, als ich am Anfang dachte. Alles ist schwer und unendlich mühsam. Aber es ist kein Zustand für immer. Es ist ein temporärer Zustand, den ich aushalten muss, damit ich mich wieder auf den Weg machen kann. Nämlich das Leben zu leben, das ich mir wünsche und das ich mit meinem neuen Ich anders gestalten kann als bisher. Und ich kann es kaum erwarten.

Alles geht vorbei und was sich schlimm anfühlt, muss nicht in Gänze schlimm sein.

Denn ich bin nicht allein. Enge Freunde sind noch näher an mich herangerückt und wärmen mich. Menschen, die einige Zeit weniger in meinem Leben vertreten waren, sind wieder an meiner Seite und stützen mich, wenn ich wackele. Wir lachen – nicht selten auch über mich, denn ich kann Dinge, die eigentlich nicht lustig sind, eben lustig verpacken, so wird es für alle leichter. Ich versuche, alle individuell mitzunehmen, achte auf ihre Grenzen und gebe so vielleicht ein bisschen von dem zurück, was ich gerade an Liebe und Wärme erfahre. Und das zu tun, fühlt sich richtig und gut an.

In Situationen wie Krankheit oder Verlust zeigt sich immer, wer in unser Leben gehört und wer nicht. Es zeigt sich, in wen man zu viel und in wen man möglicherweise zu wenig Vertrauen gesetzt hat. Beides ist völlig okay. Es ist der Lauf des Lebens. 

Wichtig ist allein die Gegenwart. Die Vergangenheit ist vergangen, sie lässt sich nicht ändern. Nur die Schlüsse, die wir daraus ziehen können unser Jetzt beeinflussen. Was die Zukunft bringt, werden wir nie wissen und es ist auch nicht wichtig. Wenn wir darauf vertrauen, dass wir schon auf dem richtigen Weg sind, dann wird Gutes kommen. Und wenn wir über Steine stolpern, dann bleiben wir trotzdem nicht für immer tatenlos auf dieser Stelle stehen. Denn ohne Bewegung wird uns schnell kalt und wenn sich die Landschaft nicht verändert, dann wird der Ausblick schnell langweilig. 

Wir können so viel schaffen, wenn wir den Schmerz überwinden und aus der Dunkelheit heraustreten. Wenn wir in der Lage sind, unser neues Bewusstsein zu erkennen und anzunehmen. Uns weiterentwickeln, die Vergangenheit vergangen sein lassen und uns auf all das Gute konzentrieren, das wir um uns haben.

Denn da ist immer etwas, wir müssen nur darauf vertrauen, dass wir erkennen und annehmen können. 

„Aber ich sehe die Sonne untergeh’n am Horizont
und ich weiß wieder warum
ich dann doch immer nicht spring‘
und ich dreh mich um und geh‘ nach Hause,
weil ich jetzt weiß, dass da jemand ist.“
Tigeryouth – Alle Gewässer

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