Tschö 2021 – Da isser wieder: der Jahresrückblick

Uff.

Was für ein Jahr. Ich habe mich oft gefragt, ob das alles wirklich passiert. Was sich wie ein Tornado aus Schmerz und Angst angefühlt hat, wurde zu einem Schleudergang zu mir selbst. Mit einem glücklichen Ende, denn ich bin angekommen. Bei mir.

Schicksalsschläge sind sowas wie mein Lebensmetier. Als ich einer Therapeutin mal meine Lebensgeschichte erzählt habe, sagte sie mir tatsächlich „Und Sie leben noch!“ Es ist für mich selbst oft nicht zu fassen, was ich alles überlebt habe und dass mich das alles nie komplett gebrochen hat. Das Leben hat es oft versucht, aber so langsam dämmert mir, dass mein Kampfgeist und mein unbedingter Wille viel stärker ist, trotz all der Hoffnungslosigkeit, die sich oft eingestellt hat. Wahrscheinlich, weil alles irgendwie über Autopilot läuft und der eine unfassbare Kraft freisetzen kann. Hier rechnet sich, dass ich ein absoluter Bauchmensch bin. Ich denke nicht lange über die Entscheidungen nach, ich handele ausschließlich nach Gefühl. Das mag mich manchmal vielleicht mal falsch abbiegen lassen, aber hintenraus komme ich immer da an, wo ich sein soll. 

2021 hat mich an meine Grenzen gebracht. Mehrmals. Ich habe Dinge erlebt, von denen ich dachte, dass ich mich davon nicht mehr erhole. Oder jedenfalls nicht so schnell.

Da war erst eine sehr unschöne Trennung, die für mich unerwartet kam und unfassbar schmerzhaft war. Mit ein bisschen Abstand konnte ich aber erkennen, dass die eigentliche Beziehung weitaus schmerzhafter war. Ich bin trotzdem in ihr gewachsen, weil ich keinerlei Rückhalt hatte und eigentlich immer allein war. Trotzdem war es ein schmaler Grat zwischen wachsen und sich selbst verlieren. Am Ende bin ich froh, dass mir die Entscheidung abgenommen wurde, denn so konnte ich endlich heilen. Ich habe meine Grenzen kennengelernt und werde nie mehr zulassen, dass jemand diese überschreitet. Ich war in dieser Beziehung sehr einsam, habe dadurch aber wieder gelernt, mich auf mich selbst zu verlassen. Dadurch ist die Einsamkeit weniger bedrohlich geworden. Weil ich mich hatte. Und weil ich erkannt habe, dass genau das ausreicht und am Ende sogar vielleicht sogar die einzig verlässliche Kraft im Leben ist. 

Als ich einigermaßen auf sicheren Beinen stand, mich in meinem Leben eingerichtet und endlich die dringend nötige Ruhe gefunden hatte, wurde bei mir erneut und eher zufällig ein Tumor diagnostiziert. Alle Dinge, die ich für mich geplant hatte und die mir unendlich viel bedeutet haben, wurden innerhalb von Sekunden zerstört. Meine Pläne, die Normalität – alles stand plötzlich still. Ein aggressives Zellwachstum ließ leider weder bei der ersten, noch bei der zweiten Krebserkrankung jemals einen Zweifel an der Bösartigkeit meiner Krebszellen. Was folgte, waren Operationen und mal wieder eine Chemotherapie, die mir anders als ursprünglich erhofft leider viel abverlangt hat. Ich kenne alle Mechanismen und auch wenn der Tumor nun an einer anderen Stelle im Körper aufgetaucht ist, so bleiben Schmerzen, Angst, Übelkeit und Erschöpfung doch gleich. Einziger Lichtblick: ich habe meine Haare behalten. Was wieder zeigt, dass selbst im größten Mist immer ein Lichtblick ist. Auch wenn er nur kurz aufflackert oder man ihn nicht direkt wahrnimmt. Er ist immer da. 

Mittlerweile habe ich alles hinter mich gebracht und konzentriere mich auf die körperliche Heilung. Dafür ist alles Nötige getan und ich freue mich jeden Tag darüber, dass wieder ein bisschen mehr Kraft und Energie zurückkehren. 

Dieses Jahr hat mich einiges gekostet, aber ich habe alles mehr als ausreichend wieder zurückbekommen. 

Ich bin jetzt in diesem Moment nicht mehr der Mensch, der ich noch am Anfang des Jahres war. Wenn ich eine Liste mit den guten und den schlechten Erfahrungen in diesem Jahr erstellen würde, dann würden die Guten deutlich überwiegen. 

Da ist so viel Liebe, Dankbarkeit, Ruhe und Klarheit, was mich zu genau zu dem Zustand führt, den ich mir mein ganzes Leben gewünscht habe: Zufriedenheit. Ich bin im Frieden mit mir selbst, mit meinem Leben und mit all den Schicksalsschlägen, die ich erlebt habe. Nichts von dem hat mich gebrochen. Im Gegenteil: es hat meine innere Kraft unfassbar verstärkt. Der Nebel hat sich gelichtet und ich kann deutlich erkennen, wer ich bin. Ich habe immer noch Ängste und auch meine Dämonen bleiben in der Nähe, aber das ist okay. Nichts davon beherrscht mich mehr. Jedes Gefühl hat seine Berechtigung, darf da sein und gefühlt werden. Aus allem kann man lernen, wenn man Herz und Augen offenhält. Und darauf kommt es immer an. Mein Herz wird immer offen sein und es wird immer darauf vertrauen, dass es das Gute gibt. Denn genau das liegt in mir. 

Schlechte Zeiten bringen uns immer weiter, sie lehren uns Demut und zeigen das Gefühl von Glück. Ich bin, wer ich bin. In mir ist Ruhe und Klarheit. Ich kann mich selbst sehen und ich mag sehr, was ich sehe. Meine Schritte werden mit jedem Tag sicherer. Ich habe Gutes verdient, weil ich selbst gut und voller Liebe bin. Der Weg auf dem ich unterwegs bin, ist hell und warm. Vielleicht liegt ab und an ein Stein herum, über den ich stolpere, aber ich weiß, dass ich nicht stürzen werde. Denn da ist nichts Schlechtes mehr im Rucksack, sondern nur Wahrhaftigkeit. 

In mir ist Liebe und in meinem Leben ist Liebe. Ich bin dankbar für jede einzelne Person, die mich begleitet. Für all den Rückhalt, die wunderschönen Gesten, für jeden Lacher, für jede Träne, für jedes einzelne Wort, für jeden kleinen Gedanken an mich, der mir laut im Herzen hallt. Ich habe unfassbare Menschen um mich herum. 

Das hier geht raus an die Menschen, die ich liebe. In Köln und Umgebung, in Starnberg, München, Essen, Karlsruhe – es gibt kein Danke, dass groß genug für Euch ist. Ich trage Euch immer im Herzen. 

I need you to know, I would never be this strong without you 
You’ve seen how I’ve grown, you took all my doubts, ‚cause you were home.“ 

(Zoe Wees „Control“)

Keine Ahnung, was mir 2022 abverlangen wird. Aber es wird gut werden, das fühle ich. Ich werde alles, was mich in diesem Jahr belastet hat, auch in diesem Jahr lassen. Nichts davon werde ich weiter mit mir herumtragen. 2022 wird ein Neustart in meine zweite, gute Lebenshälfte. Die Zeit des Leidens und des Schmerzes ist vorbei. Ich freue mich auf den weiteren Weg und sollte er mich mal aus der Puste bringen, mache ich eben einfach eine kleine Pause. Hauptsache, es geht mit kleinen Schritten voran. 

Denn mehr als kleine Schritte braucht es nicht im Leben um anzukommen.

2 Comments

  1. Ich hoffe sehr für dich, dass die ersten Monate des Jahres 2022 deinen Weg durch schöne Orte voran getrieben haben. Danke dir.
    Wie wäre es mit einem Halbjahresrückblick oder Weihnachtscountdown?
    Dieser Blog rettet mir gerade eine meiner dunkelsten Stunden. Danke.

    1. Hey, das berührt mich sehr, dass ich dir mit meinem Schreiben durch die Dunkelheit helfen kann. Danke für deine Worte. Ich hoffe sehr, dass dich das Licht wiedergefunden hat. Das ist immer da, auch wenn man es nicht immer sieht.

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