Der Markt regelt

Die Suche nach Verbindung und Nähe ist eine, die uns unser ganzes Leben lang begleitet. Mal mehr, mal weniger intensiv, aber immer da. 

In letzter Zeit habe ich mit meinen Freundinnen viel über Beziehungen, Liebe, Bedürfnisse und Sehnsüchte gesprochen. Datingplattformen, unverbindlich texten, Dates oder mehr Nicht-Dates – all das ist Teil dieses Suchspiels. 

Ich habe das selbst auch gespielt. Immer mal wieder. Angefangen, weil ich keine Lust auf Alleinsein hatte. Egal für welchen Zeitraum, eine Nacht, eine kleine oder eine große Weile. Dann wieder abgebrochen, weil sich die Suche nach Stress und irgendwann nach etwas fies-pelzigen im Bauchbereich angefühlt hat. 

»Lessons learned«, dachte ich nach jedem Abbruch, bis mich eine irgendwie geartete Sehnsucht wieder angetrieben hat. Abgebrochen, weil… ja, es ist ein langer und irgendwie auch ungesunder Kreislauf. Gelernt immer wieder ein bisschen mehr, aber lange nicht genug. 

Was ist das, was mich und meine Freundinnen da antreibt? Und wieso machen wir so viele Gefangenen auf diesem Weg durch das Jammertal? Und das vor allem in uns drin.

Spoiler: ich bin raus aus dem Spiel. Ich habe vielleicht noch nicht alles gelernt, was ich lernen muss, aber zum jetzigen Zeitpunkt mehr als genug. Und das macht mich gerade sehr zufrieden. Weil jetzt andere Dinge in meinem Leben wichtiger sind – allem voran ich selbst. Diese Priorität habe ich lange Zeit immer wieder vernachlässigt und dafür einen sehr hohen Preis bezahlt. Diese Zeiten sind für mich vorbei. Zum ersten Mal kann ich sagen, dass gerade alles genau so ist, wie ich es haben möchte. Und das habe ich ziemlich wahrscheinlich irrerweise diesem immer wieder fies-pelzigen Grummeln im Bauchbereich zu verdanken. 

Zurück zum Jammertal. Weil, bei aller Zufriedenheit, ist da eben doch etwas, was nicht so richtig besetzt ist in meinem Leben. Nämlich der Wunsch nach Nähe. Wirklicher Nähe. Angekommen bin ich in meinem Leben. Ich kann mir selbst geben, was ich brauche. Aber ich kann mich selbst mal nicht eben in die Arme nehmen. Physisch. Und auch wenn viele Menschen mich mal in die Arme nehmen, so sind das am Ende nicht die Arme, die sich so besonders anfühlen. Und genau dieses Gefühl vermisse ich. Leichte Berührungen, kurze schmunzelnde Blicke, die die Ahnung von Glück fühlen lassen. Tiefes Verständnis für jemanden, von dem man sich getragen fühlt, während man selbst einander trägt. Diese eine Verbindung, die alles leichter macht und bei der man die Augen schließen und den Kopf anlehnen möchte. 

Ich bin überzeugt, dass genau das es ist, was uns immer wieder antreibt. Liebe. Denn sie heilt alles. 

Doch diese Suche nach Nähe und Verbindung, an deren Ende bestenfalls die Liebe steht, die verlangt uns viel ab. Denn da sind auch viele Enttäuschungen. Enttäuschungen, weil man auf der Suche nach Nähe an die falschen Frösche gerät. Weil diese Frösche versuchen, uns zu diktieren, wie der Hase zu laufen hat. Weil man gerade »gerade nur was Lockeres« sucht, weil die eigentlichen Bedürfnisse nicht klar kommuniziert werden oder weil man nur ein bisschen Abwechslung vom heimischen Beziehungsleben sucht. Weil so viel Auswahl auf dem Datingmarkt ist, dass man sich gar nicht festlegen muss. Und weil das wieder eine andere Art von Suche generiert, nämlich die nach möglichst vielen Pluspunkten im Paket. Ansprüche wachsen ins Unrealistische und Nähe ist am Ende nicht mehr der Sehnsuchtsfaktor, sondern der, der uns die höchste Verletzbarkeit bietet. 

Und der (Dating-) Markt regelt. Unverbindlichkeit wird zur Währung, mit der alles bezahlt wird. Und der Wunsch nach Verbindung und Nähe? Der wird downgesized. Körperliche Nähe ist auch erstmal okay. Lockere Treffen mit ein bisschen Fummeln? Klar, besser als nix. 

Was für den einen reicht, wird aber vielleicht für den anderen zu Schmerz. Auch wenn es erstmal für eine kleine Zeit funktioniert. Aber irgendwann ist die Nähe wieder ein Thema und zu nah passt nicht zur Unverbindlichkeit. 

Versteht mich nicht falsch. Es kann funktionieren. Auch das habe ich schon ausprobiert. Aber da war auch mein Bedürfnis nach der richtigen Nähe mit dieser Person nicht so groß. Was nichts daran geändert hat, dass ich sie mir aber trotzdem gewünscht habe, nur halt nicht mit dieser Person. 

Man sagt, es erfüllt sich, wenn man nicht mehr sucht. Aber wie könnte man nicht nach etwas suchen, was man sich wünscht? Sehnsucht lässt sich nicht einfach abstellen. Ein kleiner Teil der Lösung kann in der eigenen Zufriedenheit liegen. Das ist aber nur ein kleiner Teil. 

Wenn ich den Rest der Lösung gefunden habe, sage ich es Euch. 

Kann aber noch was dauern. 

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